Helmut Pflegers Schachecke: Aus: Die ZEIT
Leben 28.2.2002
Im August 1999 starb der Häftling Claude Bloodgood im Hochsicherheitsgefängnis
von Powhatan (Virginia) an Lungenkrebs. Dort hatte er seit 32 Jahren wegen brutalen
Mordes an seiner Stiefmutter gesessen. Und in all der Zeit hatte er Schach gespielt:
unzählige Partien gegen seine Mithäftlinge, aber auch drei Jahrzehnte
Fernschach mit dem Methodistenprediger John Walker. "Das ist eine Freundschaft
zweier Menschen mit Liebe zum Schach. Es ist mir völlig egal, dass er wegen
Muttermords im Gefängnis ist", sagte dieser.
Schließlich, nach Hunderten von Karten und Briefen, beschloss der Priester,
Bloodgood im Gefängnis zu besuchen. Er wollte ihn persönlich kennen
lernen und er wollte herausfinden, ob er ihn von Angesicht zu Angesicht
schlagen könne. Nahezu alle Fernpartien hatte er nämlich verloren.
Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass Bloodgood im Gefängnis als praktisch
unschlagbar galt und nach offizieller Auswertung dieser Partien
plötzlich mit der Wertungszahl 2702 in der US-Rangliste auf einem (zweifellos
absurden) zweiten Platz auftauchte, mit dem er weltweit zu den besten Großmeistern
zählte.
In der Presse wurde Walkers Besuch zum Ereignis: der sanfte Prediger und der
amerikanische Killer. Doch in Virgina traf er auf einen todkranken alten Mann.
Kurz darauf war Bloodgood tot.
Walker: "Ich bin traurig. Die Schachwelt ist ärmer geworden."
Im Leben wie im Schach liebte Bloodgood die Gefahr, einmal konnte er sogar fliehen.
Damit bin ich beim Thema der heutigen Aufgabe, vielmehr einer Art Kontrapunkt:
Natürlich können Sie in dem Problem von Carl Jäger aus dem Jahre
1850 schnell und banal matt setzen, zum Beispiel mit 1. Sg5#. Doch dieses Springermatt
soll erst der zehnte Zug sein und bis dahin sollen allen anderen weißen
Figuren geopfert sein, wobei der schwarze König zwangsweise in einen Kokon
seiner eigenen acht Bauern eingewickelt wird. Wie geht's?