Ein
klein bisschen mühsam, aber möglich - Rundenturnier bei Lichess
Corona macht's möglich: wir haben unseren ersten Vereinsabend
im Netz organisiert, in unserem virtuellen
Vereinsheim bei Lichess.
Lichess ist dafür das perfekte Werkzeug, denn relativ
einfach kann man sich ein Vereinslokal im Netz schaffen. Die Plattform ist
kostenlos, was sie gerade für Schachspieler gegenüber der kommerziellen
Konkurrenz heraushebt. Und: bei Lichess kann man eigene Turniere starten, bei
denen die Software die Paarungen und die Berechnung der Rangfolge übernimmt.
Der Nachteil: man muss den Lichess-Turnierstandard mögen. Hier
werden keine Rundenturniere gespielt, bei denen am Ende jeder Spieler gleich
viele Partien gespielt hat. Bei Lichess ist die Zeit der limitierende Faktor;
d.h. es geht darum, in der festgelegten Turnierdauer möglichst viele Punkte zu
ergattern und das geht am besten, wenn man möglichst schnell spielt. Es kann
nämlich sein, dass am Ende ein Spieler vorne liegt, der häufiger verloren hat
als die nach ihm Platzierten. Wenn er aber in der gleichen Zeit wie die anderen
mehr Partien spielt und vor allem mehr Partien gewinnt, liegt er vorne.
Für unseren ersten virtuellen Vereinsabend gefiel uns das
nicht. Wir wollten gerne ein Blitzturnier im gewohnten Modus veranstalten, d.h.
als Rundenturnier. Auch das geht mit Lichess, aber es ist mühselig.
Das wichtigste Werkzeug neben Lichess: eine separate
Turniersoftware - in unserem Fall die Shareware Sevilla,
die bei der Paarung alle gängigen FIDE-Regeln berücksichtigt. Hier werden die
Paarungen ausgelost. Sevilla gibt Paarungslisten und Tabellenstände sehr
einfach so aus, dass man sie mit cut&paste in Lichess veröffentlichen kann.
(Funktion "Berichte -> To screen -> Spielpaarungen").
Der Plan für unser Turnier lautete: der Turnierleiter lost die
Paarungen separat in Sevilla aus. Er kommuniziert sie dann in Lichess.
Anschließend fordert der Weißspieler seinen schwarzen Gegner heraus. Das
Ergebnis wird vom Sieger an den Turnierleiter gepostet, der die nächste Runde
auslost, wenn er alle Ergebnisse einer Runde zusammen hat.
Tatsächlich steht in Lichess für die Kommunikation ein vereinseigenes
Forum zur Verfügung. Doch das ist etwas tricky: zum einen muss bei
jedem Eintrag einmal durch Lösen einer Matt-in-eins-Aufgabe bewiesen werden,
dass man ein Mensch und kein Computer ist. Zum anderen dürfen dort nur
Lichess-Spieler schreiben, die schon einige Partien gespielt haben. Das war bei
unserem Turnier nicht bei allen der Fall.
Immerhin bietet Lichess zusätzlich noch einen anderen
Kommunikationsweg. Es können kurze Nachrichten gezielt an einzelne Spieler
gerichtet werden. Dabei muss man nicht nachweisen, dass man ein Mensch ist. Und
diese Möglichkeit haben auch diejenigen, die ganz frisch bei Lichess sind.
Leider lassen sich in diesem Chat-Editor die Paarungslisten nicht
veröffentlichen, weil sie zu umfangreich sind, es lassen sich auch nicht
mehrere Personen auf einen Schlag angesprechen.
Wir haben beide Kommunikationswege genutzt, aber etwas
chaotisch. Einige schickten ihre Ergebnismeldungen über das Forum, die anderen
per Chat-Editor. Beim nächsten Mal würden wir das systematisieren. Alle
Ergebnismeldungen würden per Chat an den Turnierleiter geschickt und der
veröffentlicht Paarungen, Ergebnisse und die Tabellenstände im Forum.
Das Verfahren ist für den Turnierleiter etwas aufwändig, weil
er ständig zwischen Forum, Chat-Editor und eigener Partie hin- und herwechseln
muss.
Immerhin kann man Lichess in mehreren Browserfenstern öffnen, so dass die
einzelnen Aufgaben in unterschiedlichen Fenstern laufen. Der Turnierleiter kann
so einerseits die Nachrichten im Auge behalten, in einem
anderen das Forum geöffnet haben und im dritten Browser-Fenster kann er dann
gegebenenfalls selbst beim Turnier mitspielen.
Das Verfahren braucht etwas Zeit und ist sicherlich für alle
Beteiligten mühseliger, als wenn Lichess die Partien automatisch startet. Wir
haben das Turnier mit 16 Startern durchgeführt. Es dauerte vier Stunden. Am
Vereinsabend wären wir anderthalb Stunden schneller gewesen. Irgendwann ist das
Turnier auch zu groß, ab einer Zahl von 30 oder 35 Teilnehmern ist das so nicht
mehr beherrschbar. Aber: mit einer überschaubaren Teilnehmerzahl kann man auf die
beschriebene Art und Weise bei Lichess herkömmliche Schachturniere im eigenen
virtuellen Vereinsheim veranstalten.